Fuerteventuras Süden – Jandia

Markant am Inselumriss ist der langgezogene Zipfel der Halbinsel Jandía im äußeren Südwesten, der durch eine Landenge, dem Ismus von Pared, mit dem Rest der Insel verbunden ist. Auch der geologische Aufbau unterscheidet sich vom Rest der Insel. Der höchste Berg liegt mit 807 m über NN auf der Halbinsel Jandía. Der Gebirgskomplex ist der Rest des südlichsten der drei ältesten Kegelvulkane die den Grundkörper der Insel bilden. Der Istmus ist der diese Vulkanruine mit der Hauptinsel verbindet ist von Dünenfeldern bedeckt. Der Nordwestliche Teil und der südöstliche Teil sind durch lange Sandstrände gekennzeichnet. Deshalb stand auch die Reise unter dem Motto : Meer und Sand.

Seit meiner Studienzeit vor über 45 Jahren besuchte ich, infiziert durch das Kanarengewächshaus an meiner Universität, die Kanaren. Wegen der großen Artenvielfalt zuerst natürlich Teneriffe und Gran Canaria. Angeregt durch die Geschichte der Eroberung und den Legenden von den Ureinwohnern, den Guanchen, besuchte ich vor über 40 Jahren dann Fuerteventura und Lanzarote. Und seitdem war ich unzählige Male auf diesen fantastischen Inseln und wurde leider auch Zeuge der nicht immer vorteilhaften Veränderung der Natur und Kultur.

Anfang Dezember ging es dann in ein Hotel am Strand. Für mich eher ein ungewöhnliches Ziel, hatte aber einen privaten Hintergrund. Bei meinem ersten Besuch begann gerade erst die touristische Erschließung Jandias, es gab noch keinen öffentlichen Nahverkehr und Trampen war angesagt. Und die Einheimischen nahmen auch jeden mit. Allerdings war Jandia extrem dünn besiedelt und es konnte schon vorkommen, dass man auf der Straße nach Morro Jable schon mal 30 Minuten wartete, bis da überhaupt mal ein Auto vorbei kam, das dann dafür in der Regel einen auch mitnahm. Unser Plan war von Morro Jable ca. 25 km am Stand bis zu diesem Hotel zu laufen, damals hieß es Los Gorriones. Um dann von dort aus zurück zur Straße zu laufen um anschließend zurück nach Tarajalejo zu kommen. Früh morgens starteten wir gut gelaunt und waren zeitig in Morro Jableund kauften Wasser für unseren „Spaziergang“. Nur waren die 4 Liter Wasser zu wenig und damals gab es zwischen Morro Jable und dem Hotel nichts außer Sand, Meer und Sonne. Da wir damals bei Flut oft im Wasser laufen mussten und die Sonnencremes noch nicht wasserfest waren, schafften wir es gerade noch völlig dehydriert bis zu dem Hotel. Die Lippen aufgerissen, die Fußrücken mit Blasen übersäht, schauten sie uns an der Poolbar etwas skeptisch an, als wir nur Wasser pur wollten. Sie hatten wie damals üblich nur so kleine 0,1 Liter Fläschchen und schickten uns in die Ladenzeile des Hotelkomplexes. Leider waren dort, es war noch Siesta, alle Läden zu und schon vor Wassermangel halluzinierend, zudem des Spanischen nicht mächtig, gelangten wir durch eine offene Tür in den Verwaltungstrakt des Hotels und nicht in einen Waschraum wie erhofft. Dummerweise fiel diese Tür ins Schloß und die Türen des Verwaltungstrakts ließen sich nur mit Schlüssel öffnen. Die Gänge waren menschenleer, tja Siesta, und Wasserhähne nicht zu finden, irgendwann treffen wir dann doch eine Angestellte und konnten ihr durch Gesten und unser Äußeres klar machen, dass wir am Verdursten waren und sie holte uns aus der Küche Wasser. Unser Engel entließ uns in den Gästetrakt und führte uns noch zu einem Waschraum, wo wir uns die Salzkruste von der Haut waschen konnten, aber nicht ohne uns auf das Symbol auf den Wasserhähnen hinzuweisen, das eindeutig war: Kein Trinkwasser!

Das Hotel heute und seine Umgebung. Das Hotel war so lala, eben in die Jahre gekommen, so wie ich auch, war uns aber egal, da wir eh nur zum Schlafen das Zimmer aufsuchten. Aber, es ging nicht anders, weil da weit und breit keine Alternative war, mussten wir dort zum Abendessen. Wobei, das Essen war nicht schlecht, oft sogar schmackhaft, aber das all-inclusive Publikum, ca 60% der Gäste, war vom Aussehen und Verhalten nicht gerade den Appetit anregend. Das Hotel ist aktuell (Jan 2025) geschlossen. Dafür entschädigte die Umgebung, wenn früh die Sonne über dem Ozean aufging die Palmen und nicht die Windräder lange Schatten über dem Strand warfen und Reiher in der Laguna jagten, war das Balsam für die von Industrielandschaften verseuchten Augen des Mitteleuropäers.

Der Retortenort Costa Calma, der gerade damals aus dem Boden gestampft wurde, als ich das erste Mal da war, ist nicht unbedingt eine Reise wert, aber nette Menschen und zuverlässige Autovermietungen findet man auch dort. Seit Jahrzehnten miete ich meine Autos auf den Kanaren regional bei CICAR.

Auf Jandia gibt es noch ein paar kleinere und größere Orte, je nach Touristenansiedlungen, die aber noch einen kleinen Ortskern besitzen und das ursprüngliche Leben erahnen lassen.

La Pared

Über den Istmus durch die Wüste. Diesmal nicht per pedes sondern mit dem Leihwagen. Bei meiner ersten Durchquerung mit einer attraktiven Begleiterin, waren wir plötzlich in einem Dünental von Männern mit Gewehren umringt. Kurz vorher Clockwerk Orange im Kino angeschaut, sah ich schon Bilder von meiner missbrauchten Freundin und mich in einer Blutlache mit Bauchschuß vor mir, war aber dann doch nicht so dramatisch, wir waren nur in eine damals sich dort noch befindliche militärische Sperrzone geraten. Ich hatte mich schon über die für mich damals unverständlichen Schilder mitten in der Wüste gewundert. Dann empfing uns La Pared auf der anderen Seite von Jandia gelegen, dort wo die Wellen des Atlantiks unerbittlich an die Küste donnern und die Sonne bei einem grandiosen Schauspiel von Meer, Wogen, Steilküste und Gischt untergeht. Die golden Zeiten von La Pared sind heute vorbei, es hat auch schon mal bessere Zeiten gesehen, aber die Küste ist weiterhin sehenswert und es führen Pfade auf der Klippen entlang und hinunter zu den Sandstränden, die aber nur was für Surfer sind, wegen der starken Brandungen und den gefährlichen Unterströmungen. Zudem scheinen dort die Ferienwohnungen alle von Hundebesitzern zu sein. Soviel Hundescheiße entlang der Wanderpfade hatte ich noch nirgends auf der Welt gesehen. Dank dem extrem ariden Klima werden die Hundehäufchen nicht zersetzt. Langsam vom Sand bedeckt werden sie versteinert und den Archäologen in der Zukunft sicher Rätsel aufgeben. Ein besonderes Highlight war der verlassene Golfplatz mit Kunstrasen. Je weiter man sich von dem Örtchen entfernt umso mehr erscheint einem diese karge Insel als eine Oase in der Wüste der Zivilisation, wie sie der spanische Schriftsteller und Philosoph Miguel de Unamuno in seiner Verbannung genannt hatte. „La Pared“ bedeutet „die Mauer“. Denn tatsächlich soll eine Steinmauer an der schmalsten Stelle der Insel, am Istmo de La Pared, der von Ost- zur Westküste nur 5 Km breit ist, angeblich gefunden worden sein. Diese soll zwei Reiche der Ureinwohner getrennt haben. Legende mit wahrem Kern oder nicht, ich habe sie jedenfalls nie gefunden.

Morro Jable

Neben der Costa Calma das größte Touristenzentrum, grauslich schön, hatte sann doch noch eine Überraschung parat: die damals noch außerhalb des Ortes gelegene Kapelle fand ich nach langer Suche unversehrt versteckt in mitten großer Hotelburgen. Der Strand ist weiterhin ein Traum, der Papageienpark den meine Kinder vor 25 Jahren liebten ist ein lost Place und meine Tauchschule war auch schon Hotelneubauten gewichen. Aber mein Erlebnis von damals neben einem Engelhai in 20m Tiefe im Atlantik zu schwimmen wird nie aus meinem Gedächtnis weichen.

Faro (Leuchturm) de Punta de Jandia – Lands End

Ab Morro Jable geht es nur noch über Pisten bis zur Inselspitze weiter. Es gibt zwar Leihräder, bin ich mal vor 25 Jahren mit einem Mountainbike gefahren, war die Hölle, da die uns überholenden Suzuki Jeeps kilometerlange Staubfahnen hinter sich herzogen. Diesmal hatten wir Glück, es hatte kurz vorher einer der seltenen Regenfälle gegeben und der Staub hielt sich in Grenzen, dafür war die Piste manchmal sehr glitschig. Noch vor dem Leuchtturm an der westlichsten Spitze liegt ein kleiner Ort, Puerto de la Cruz, mit kleinem Strand und sogar einem Restaurant direkt am Meer, in dem wir feinen Fisch gespeist hatten. Vor dem Ort lag ein beliebtes Fotomotiv von mir: eine große Wohnwagensiedlung alternativer Touristen, die diesmal anscheinend kurz vorher zum Großteil abgebrannt war und nun so richtig lost wirkte. Biegt man von der Piste am Ort nach rechts ab, kommt an an einem großen Flugfeld des Ingenieurs Winter vorbei, der dort und in seiner in den Bergen versteckten Villa in den Zeiten vor, während und nach dem zweiten Weltkrieg für Legenden sorgte. Die Küste bis hin zum Faro Punta Pesebre ist wild, rauh mit Höhlen – Atlantik zum Erleben! Am Abend zurück ist der Sonnenuntergang am alten Leuchtturm de Punta de Jandia ein unvergessliches Erlebnis.

Auf der FV2 Richtung NO

Verlässt man Jandia kommt man immer wenn die Straße links abbiegt zu alten Fischerdörfern und sogar zu einem Städtchen, das vor allem früher durch seinen Hafen Bedeutung erlangte

Tarajalejo

Dort wohnte ich bei meinem ersten Aufenthalt in eine kleinen Bungalowsiedlung direkt am breiten und langen schwarzem Strand, diese existiert tatsächlich noch, allerdings mit Anbauten und Umbauten als Privatwohnungen, davor hingeknallt zwei neue Hotelanlagen und eine Promenade, die dadurch den Strand schmäler machten, was den Ort nicht unbedingt attraktiver macht. Eine Hotelanlage davon wurde nicht fertiggestellt, da wie so oft Korruption im Spiel war und die Coronakrise den Baustop beschleunigte, für mich ein schöner Lost Place zum Bildermachen. Und welche Überraschung, der alte Ortskern war sogar erhalten geblieben und anscheinend gingen zumindest noch nebenberuflich einige der Einwohner wie damals der Fischerei nach!

Las Playitas

Ein schöner schwarzer Strand, ein alter Ortskern mit kleinem Fischereihafen und Promenade und sauber davon getrennt die Resorts. Für den Fotografen somit ein interessantes Revier.

Giniginamar

ein Name der noch aus der Zeit der Guanchen – also der Ureinwohner stammt. Ihre Sprache starb im 16., 17. Jhd. auf der Insel aus. Da die Majoreros, wie sie auch in der Literatur genannt werden, keine Schrift kannten, ging sie verloren und nur Wortfetzen sind erhalten. Sie weisen Verwandtschaft zu einem Berberdialekt auf, der am Fusse des Atlasgebirges gesprochen wird. Zu diesem Schluss kommt José Luis Concepción in seinen Forschungsarbeiten. Berbische Begriffe finden sich in Ortsbezeichnungen wie „Giniginámar“ oder „Tarajalejo“ und in der Landwirtschaft für das kanarische Gerstenmehl das „gofío“ oder „tahona“ für die Getreidemühle.Stil und ruhig liegt der Ort an der Bucht mit einem guten Restaurant, das, als wir dort waren, hauptsächlich von Einheimischen besucht war – immer ein gutes Zeichen. Die kleine Bungalowsiedlung für die Touristen liegt etwas abseits von Dorf und Strand.

Gran Tarajal

Idealer Ort für Streetphotografie, authentische Kneipen und nette Menschen, die nicht sofort, wenn man sein mühsam gelerntes Spanisch üben will, sofort in Deutsch oder Englisch antworten. Der drittgrößte Ort Fuerteventuras ist aufgrund seines Hafens eher ein Wirtschaftszentrum mit Restaurants, einem Theater, einer Apotheke, großen Supermärkten und Kinderspielplätzen. Im Zentrum von Gran Tarajal befindet sich die schön gestaltete Strandpromenade mit Springbrunnen und Sitzgelegenheiten.

Von La Pared die F605 nach Ajuy

Einsame Berglandschaften erwarten einen, rechts Blicke auf den Atlantik. Links auf beeindruckende Bergmassive. Ein besonderer Punkt mit eigener Magie ist der Mirador Astronomico Sicasumbre. Nach kurzem Fußmarsch ist man oben und es erwartet einen vor allem Abends und in der Dämmerung ein atemberaubender Ausblick in die Bergwelt speziell auf den Montana Cardon und danach ein sternenklarer Himmel, ohne Lichtverschmutzung. Es gibt viele lohnende Stops für kleine Wanderungen. Am Ende der Strecke erwartet einen der kleine Ort Ajuy mit fantastischem Strand und einem inzwischen ausgebauten Wanderweg zu den beeindruckenden Vulkanhöhlen, der Abstieg zu denn Höhlen setzt schon ein bisschen Trittfestigkeit voraus, lohnt aber sehr.

Der Stausee

Im Frühjahr erst hatte ich ihn entdeckt und wollte jetzt nochmal dahin, da es im November und Dezember öfters geregnet hat. Die Zufahrt ist unbefestigt und da es in der Nacht geregnet hatte, verwandelte sich die Piste in glitschigen klebrigen Lehm mit tiefen Pfützen, eine richtig abenteuerliche Fahrt, vor allem da es auf der Seite oft ziemlich steil in den Barranco hinab ging. Und tatsächlich der See war wesentlich voller, wie auch die ganze Insel wesentlich grüner war, als im Februar. Dann ging es auch nochmal wie im